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Job oder Berufung?

Das Foto zeigt eine große Gruppe junger Frauen und Männer in ihren Uniformen für festliche Anlässe. Sie heben alle ihre rechte Hand. Sie sprechen den Diensteid.
Vereidigung von Polizeianwärterinnen und -anwärtern in Riesa. (16. November 2018)  © Polizei Sachsen

Dürfen Polizistinnen und Polizisten tätowiert sein? Sollten sie über 1,60 Meter groß sein? Und schwimmen können? Ja, aber vor allem müssen sie für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten! § 4 Sächsisches Beamtengesetz – Persönliche Voraussetzungen: »In das Beamtenverhältnis darf grundsätzlich nicht berufen werden, wer 1. gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat…«

Das Dokument zeigt eine Seite des Eignungstestests zur Sprachkompetenz. Bewerber und Bewerberinnen müssen auf dieser Seite in einer Auflistung gleiche Wortbedeutungen ankreuzen. Zur Auswahl stehen jeweils vier Optionen.
Auszug aus dem Eignungstest der Polizei Sachsen zur Sprachkompetenz – Teil eines mehrstufigen Auswahlverfahrens neben Sporttest, Gesundheitscheck, Einzel- und Gruppengespräch, Diktat u. v. m.  © Polizei Sachsen

Hätten Sie das Zeug zum Polizisten? Unser kleiner Auszug aus dem Eignungstest gibt Einblick in das anspruchsvolle Auswahlverfahren. »Verdächtig gute Jobs« von der Ausbildung über das Bachelor- und Masterstudium bis zu zivilen Berufen für den Quereinstieg finden Sie unter verdaechtig-gute-jobs.de.

Dabei sind in der sächsischen Polizei nicht nur geeignete Bewerber gefragt, auch die Anforderungen an ihre Ausbildung sind hoch. Bei deren stetiger Weiterentwicklung gilt es, die Balance zu halten zwischen Aufgabenvielfalt und notwendiger Spezialisierung. Von interkultureller Kommunikation bis zu IT-Kenntnissen – die Lehrinhalte werden konstant überarbeitet und erweitert.

Testen Sie Ihre Fähigkeiten online – in einer »Demoversion des Einstellungstests der Polizei Sachsen« können Sie Aufgaben ausprobieren, die den Tests der Polizei Sachsen ähnlich sind.

Ich schwöre, dass ich mein Amt nach bestem Wissen und Können führen, Verfassung und Recht achten und verteidigen und Gerechtigkeit gegenüber allen üben werde.

Sächsisches Beamtengesetz, § 63 Diensteid

Teamgeist und kollegiales Vertrauen sind elementar für die polizeiliche Arbeit. Sich in schwierigen Situationen, gerade bei Gefahr für Leib und Leben, auf Kolleginnen und Kollegen verlassen zu können, schweißt zusammen und stärkt das Gefühl einer Werte- und Gefahrengemeinschaft.

In seiner negativen Ausprägung kann dieses »Wir« eine Polizeikultur begünstigen, die in der Öffentlichkeit den Eindruck einer »geschlossenen Gesellschaft« erzeugt und die Gefahr birgt, zu fehlerhaftem Handeln von Kollegen zu schweigen. Ein offener Diskurs und eine Fehlerkultur, die aktivieren und motivieren, wirken diesen Entwicklungen entgegen und entsprechen der Rolle der sächsischen Polizei in einer modernen Gesellschaft.

Einfach ist die Arbeit von Polizisten nur in einem Polizeistaat.

Harry Callahan in Orson Welles’ »Touch of Evil« (zitiert nach Georg Seeßlen)

... »In einer Demokratie ist diese Arbeit besonders schwer, denn bei jeder Handlung ist abzuwägen zwischen Recht und Gerechtigkeit, zwischen den Spielräumen, die eine liberale Gesellschaft ihren Mitgliedern bietet, und der moralischen Anforderung, das Geschehen nicht dem Recht des Stärkeren (und Brutaleren) zu überlassen.«

Georg Seeßlen: Cops, Bullen, Flics, Piedipiatti. Polizist*innen in der populären Kultur – Essay. Bundeszentrale für politische Bildung, by-nc-nd/3.0/de/Autor: Georg Seeßlen für Aus Politik und Zeitgeschichte/bpb.de, 17.05.2019

 
Eine Polizistin in Uniform bei der feierlichen Ernennung.
Die feierliche Ernennung der Kommissarinnen und Kommissare am 30. September 2020 im Ehrenhain der Offizierschule des Heeres in Dresden.  © Polizei Sachsen

Am 5. April 1927 beginnen in Dresden die ersten sechs uniformierten Polizistinnen ihren Dienst. Damit ist Dresden neben Frankfurt am Main, Hamburg und Baden Vorreiter bei der Schaffung einer weiblichen Polizei. Sind 1928 von 150.000 Polizisten in ganz Deutschland lediglich 79 (= 0,05 %) Frauen, beträgt 2021 der Frauenanteil im Polizeivollzugsdienst deutschlandweit 17,58 % – in Sachsen gar 25,7 %.

Im Sächsischen Frauenförderungsgesetz vom 31. März 1994 sind u. a. Maßnahmen zur Fortbildung, zur beruflichen Förderung, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie zur Teilzeitbeschäftigung festgeschrieben. Weitere Themen sind u. a. die Sensibilisierung der Vorgesetzten im Umgang mit weiblichen Beschäftigten, zum Thema Mobbing oder sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Seit 1994 wurden in allen Polizei-Dienststellen Frauenbeauftragte berufen.

»Deutschlands Gesellschaft ist vielfältig – diese Vielfalt müssen die Polizeibehörden widerspiegeln, mit dieser Vielfalt müssen sie kompetent umgehen. Die Bemühungen, junge Menschen unterschiedlicher Herkunft für den Polizeiberuf zu gewinnen, müssen intensiviert werden.«

Deutscher Bundestag (Hg.): Beschlussempfehlung und Bericht des 2. Untersuchungsausschuss nach Art. 44 GG, Drs.17/14600, 2013

 

In der sächsischen Polizei gibt es laut einer Hausarbeit an der Deutschen Hochschule der Polizei von 2018 »kaum Bewerber und Auszubildende mit Migrationshintergrund« – obwohl Sachsen das neue Bundesland mit dem größten Anteil an ausländischer Bevölkerung bzw. an Bürgern mit ausländischen Wurzeln war und ist. Von gut vier Millionen Einwohnern hatten 2017 etwa 7,47 % einen Migrationshintergrund, ca. 4,77 % waren Ausländer und davon wiederum 2,13 % EU-Bürger, für die Freizügigkeit auch im Hinblick auf Arbeitsuche gilt.

Susanne Heise: Kaum Bewerber und Auszubildende mit Migrationshintergrund in der sächsischen Polizei. Überlegungen im Hinblick auf das Eignungsauswahlverfahren. Hausarbeit an der Deutschen Hochschule der Polizei, Görlitz 2018

2017 hatten in Sachsen 144 (3,93 %) aller Bewerber für den Polizeidienst eine andere als die deutsche Staatsangehörigkeit und oder waren nicht in Deutschland geboren. Zum Auswahlverfahren zugelassen werden konnten 44 (1,20 %), von denen fünf (0,14 % aller Bewerber) die Ausbildung begannen. 24 der Getesteten bestanden den »Computertest« nicht, viele scheiterten am Diktat. Nur ein Bewerber erfüllte die sportlichen Anforderungen nicht, vier scheiterten im Gruppen- bzw. Einzelgespräch, fünf weitere sagten die Testteilnahme von sich aus ab oder erwiesen sich als polizeidienstuntauglich.

Für ein Studium an der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) in Rothenburg/Oberlausitz waren 68 Bewerber nichtdeutsche Staatsangehörige und oder hatten keinen deutschen Geburtsort – also 2,87 % der Gesamtbewerber. Zum Auswahlverfahren wurden 19 (0,80 %) zugelassen, keiner begann das Studium 2017. Zwölf scheiterten am »Computertest« – drei davon hätten mit dem Ergebnis in der Laufbahngruppe 1.2 beginnen können, lehnten jedoch ab. Fünf bestanden den »Sporttest« nicht.

Ausländische Bewerber, die von vornherein nicht zur Teilnahme am Auswahlverfahren zugelassen wurden, hatten größtenteils eine andere als die erforderlichen Staatsangehörigkeiten (insbesondere Türkei, Ukraine, Russische Föderation, Marokko) oder erfüllten sonstige allgemeine Voraussetzungen (Schulabschluss, Körpergröße etc.) nicht.

Sowohl Bürgerinnen und Bürger als auch Polizeibedienstete haben die Möglichkeit, sich mit Beschwerden und sonstigen Anliegen, die die Arbeit der sächsischen Polizei betreffen, an eine zentrale Stelle auf Landesebene zu wenden: die Unabhängige zentrale Vertrauens- und Beschwerdestelle für die Polizei. Diskutiert wird, wie unabhängig die Beschwerdestelle tatsächlich ist bzw. wahrgenommen wird und wie hoch die Barrieren für Beschwerden bei ihr sind.

Bei den im Ergebnis der Prüfung als „begründet“ oder „teilweise begründet“ bewerteten Beschwerden erwiesen sich Verhaltensaspekte von Polizeibediensteten als kritikwürdig. Dabei handelte es sich überwiegend um:

  • nicht angemessenes Auftreten und Wortwahl gegenüber Bürgerinnen und Bürgern,
  • Nichtbeachtung von Corona-Schutzmaßnahmen, v. a. hinsichtlich des Tragens von Mund-Nasen-Bedeckungen bei Bürgerkontakten.

Zudem handelte es sich um jeweils einige Einzelfälle:

  • der Nichtbeachtung von Verkehrsvorschriften bei der Führung von Dienstfahrzeugen,
  • des unterlassenen oder nur unzureichenden Vorzeigens des Dienstausweises auf Verlangen des Betroffenen,
  • eines mangelhaften äußeren Erscheinungsbildes des Bediensteten.

Im Zuge der Beschwerdebearbeitung sind in 16 Fällen strafrechtliche Ermittlungen gegen Polizeibeamte eingeleitet und der jeweiligen Staatsanwaltschaft zur Entscheidung vorgelegt worden. Die Prüfung, ob aus einem Beschwerdevorgang heraus disziplinarrechtliche Ermittlungen einzuleiten sind, obliegt dem jeweiligen Dienstvorgesetzten. Nach Mitteilung der Polizeidienststellen sind in drei Fällen
disziplinarrechtliche Ermittlungen
eingeleitet worden.

Quelle: Unabhängige zentrale Vertrauens- und Beschwerdestelle für die Polizei, Jahresbericht 2020

Das Bild zeigt das Deckblatt eines 32-seitigen Dokuments. Auf einer grünen Fläche steht unter dem Wappen des Freistaats: »Erster Lagebericht der Koordinierungsstelle für Extremismusprävention und -bekämpfung …« mit Stand 31. Dezember 2020.
Die Titelseite des ersten Lageberichts der »Koordinierungsstelle für Extremismusprävention und -bekämpfung«.  © Sächsisches Staatsministerium des Innern

Diese Frage stellt sich auch für Sachsen. Die vielfach geforderte übergreifende Studie zu Rassismus und Rechtsextremismus in der Polizei steht noch aus. Doch hat die sächsische Polizei nicht erst nach Vorkommnissen aus 2020 Handlungsbedarf erkannt.

Neben konsequenter Ahndung rassistischer Vorfälle gibt es weitreichende Handlungsempfehlungen in Bezug auf die Einsatznachbereitung, die Fortbildung und den Ausbau der interkulturellen Qualifizierung. So rückt auch »Racial Profiling« – verdachts- oder anlassunabhängige Polizeikontrollen, beispielsweise wegen der Hautfarbe eines Menschen – als mögliches Problemfeld der Polizeiarbeit zunehmend in den Fokus kritischer Aufarbeitung in Aus- und Weiterbildung sächsischer Polizistinnen und Polizisten – ebenso wie die Diskriminierungsgefahr aufgrund politischer Einstellungen, sexueller Orientierung, Alter, Geschlecht ...

Zudem bündelt seit September 2020 die Koordinierungsstelle für Extremismusprävention und -bekämpfung (KostEx) des Sächsischen Innenministeriums alle Akteure der Extremismusabwehr. Ihr erster Bericht listet in den vorangegangenen vier Jahren 39 Sachverhalte mit extremistischen Bezügen auf. Mehr als die Hälfte der daraufhin eingeleiteten 37 Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. In einigen Fällen gibt es jedoch bereits Konsequenzen: So werden sechs Beamte entlassen, in vier weiteren Fällen erfolgen Disziplinarmaßnahmen, in anderen Fällen werden etwa befristete Arbeitsverhältnisse beendet.

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Fall aufgeklärt – dank Wissenschaft

Auf dem Bild zu sehen ist ein daktyloskopischer Gutachterarbeitsplatz (Vergleichsarbeitsplatz). Er ist ausgestattet mit einer Kamera, die auf einen Tisch mit einem Messer gerichtet ist. Ein Monitor daneben zeigt einen Fingerabdruck.
© Polizei Sachsen

Seit die Polizei existiert, liefert sie sich einen Wettlauf mit dem Verbrechen. Entwickelt die Polizei neue Aufklärungsmethoden, ändert die Gegenseite ihre Strategie. Sucht das Verbrechen neue Räume, muss die Polizei folgen – Stichwort Cybercrime. Ein Ergebnis ist die Verwissenschaftlichung und Professionalisierung des Polizeiberufes.

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